Bonner Querschnitte 09/2008 Ausgabe 61

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Ernst Ludwig Gerlach (1795-1877) als integrer christlicher Politiker

Neuer MBS-Text erinnert an einen vorbildlichen preußischen Abgeordneten

(Bonn, 27.03.2008) Der Kölner Jurist Thomas Zimmermanns hat in einem neuen MBS-Text an Leben und Werk von Ernst Ludwig Gerlach (1795-1877) erinnert, den er als vorbildlichen Politiker darstellt, von dem heutige Politiker vor allem lernen könnten, gradlinig zu den eigenen Überzeugungen zu stehen und zu leben, was man predige und politisch umsetzen wolle.

Gerlach wurde am 07.03.1795 in Berlin geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaft schlug er die Laufbahn als Richter ein. Zuletzt (von 1844 bis 1874) war er langjähriger Präsident des Appellationsgerichts in Magdeburg. Daneben entfaltete er eine bedeutsame politische und publizistische Tätigkeit. Er war über viele Jahre Vertrauter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. und Mitbegründer der Konservativen Partei im Jahre 1848 sowie ihres Hauptpresseorgans, der „Neuen Preußischen Zeitung“. Im Jahre 1871 trat er der katholischen Zentrumspartei als Gastmitglied bei. 1873 wurde er für das Zentrum als Abgeordneter in den preußischen Landtag und im Januar 1877 in den Reichstag gewählt. Gerlach starb am 18.02.1877 in Berlin.

Ausgangspunkt des politischen Denkens und Handelns Gerlachs war seine Überzeugung, dass die wesentlichen Grundzüge der Staatsordnung, Gesetzgebung, Rechtsprechung und des sonstigen staatlichen Handelns durch die Gebote und Ordnungen der Bibel vorgegeben seien und dass die Christen die Aufgabe hätten, diese Gebote und Ordnungen in der Politik zur Geltung zu bringen. Diese Gebote bestünden v.a. in der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Rechtsgüter seiner Bürger (v.a. Leben, Ehe, Eigentum und Ehre) sowie zu gerechtem, unparteilichem und unbestechlichem Handeln. Seiner evangelischen Kirche sprach er die Aufgabe eines Mahn- und Wächteramtes gegenüber dem Staat zu. Sie habe Regierenden und Regierten die Gebote Gottes zu verkündigen, und zwar auch soweit diese das politische Handeln betreffen. Werden diese übertreten, so habe die Kirche zu protestieren und zu Buße und Umkehr zu rufen.

Gerlach trat für eine politische Zusammenarbeit von Christen aller Konfessionen ein, um gemeinsam den christlichen Staat zu verwirklichen und um die Ideologien des Liberalismus, des Sozialismus und des Nationalismus abzuwehren, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem Vormarsch waren.

Die Verbesserung der zumeist drückenden sozialen Verhältnisse der Fabrik- und Landarbeiter war ihm ebenfalls ein wichtiges christlich begründetes Anliegen. So mahnte er die Konservative Partei und die Unternehmer und Grundbesitzer, die sozialen Verpflichtungen des Eigentums anzuerkennen. Bereits vor über 150 Jahren forderte er u.a. die Versorgung der Arbeiter in Krankheit und Alter, absolute Sonntagsruhe und Beseitigung unhygienischer Arbeitsverhältnisse.

Im Jahre 1866 kam es zwischen Gerlach und dem preußischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzler Otto von Bismarck nach langjähriger Freundschaft und Zusammenarbeit zum Bruch, da Bismarck einen deutschen Nationalstaat unter Ausschluss Österreichs anstrebte und – verbündet mit dem revolutionären Italien – gegen Österreich Krieg führte. Auch in der Auseinandersetzung mit Bismarck bekräftigte Gerlach nachdrücklich seine Überzeugung, dass auch (Außen-)Politik, Diplomatie und Kriegführung den Geboten Gottes unterlägen.

Besonders folgende Grundsätze könnten auch Christen des 21. Jahrhunderts von Gerlach lernen, so Zimmermanns:

  • Christsein und politisches Handeln schlössen einander nicht aus
  • Politisches Handeln müsse sich an den Geboten Gottes orientieren
  • Der Erfolg dürfe nie oberster Maßstab unseres Handelns sein

 

Von Zimmermanns sind bereits mehrere Artikel und Bücher zu tagesaktuellen juristischen und politischen Themen erschienen:

  • MBS-Text 71: Das neue Antidiskriminierungsgesetz – Was Christen davon zu halten haben
  • Ein Maulkorb für Christen (VKW, idea-Dokumentation 12/2005)
  • Grundriss der politischen Ethik (VKW)
  • Meinungs- und Pressefreiheit (Hänssler – kurz und bündig)
  • Rechtsstaat Bundesrepublik – wohin? Christliches und humanistisches Menschenbild im Vergleich (VKW)

Diese Bücher können bei Opens external link in new windowwww.genialebuecher.de bestellt werden.

 

Downloads:

  • MBS-Text 90 „Ernst Ludwig von Gerlach …“ als pdf
  • MBS-Text 71 „Das neue Antidiskriminierungsgesetz …“ als pdf

Dokumente

BQ0061_01.pdf