Bonner Querschnitte 18/2011 Ausgabe 172

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Heute schreiben wir Geschichte

Empfehlungen für einen Verhaltenskodex für das „Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“ veröffentlicht

(Genf, Bonn, 29.06.2011) „Heute ist ein historischer Moment für das gemeinsame christliche Zeugnis“, sagte Jean-Louis Kardinal Tauran, Präsident des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog. „Zum ersten Mal in der Geschichte haben der Ökumenische Rat der Kirchen zusammen mit der Weltweiten Evangelischen Allianz und dem Päpstlichen Rat für Interreligiösen Dialog ein Dokument veröffentlicht.“

„Mission gehört zutiefst zum Wesen der Kirche.“ Mit diesen Worten beginnt das Dokument, das gestern in Genf am Sitz des Weltkirchenrates in einer feierlichen Stunde der Öffentlichkeit übergeben wurde. Mehr als fünf Jahre lang hatten Repräsentanten der genannten kirchlichen Organisationen in einer Reihe von größeren und kleineren Konferenzen daran gearbeitet, was es heißt, den christlichen Glauben im 21. Jahrhundert in einer multireligösen Welt zu bezeugen und weiterzugeben. Entstanden ist ein Dokument mit klassischen Grundlagen für das christliche Zeugnis, gefolgt von Prinzipien und Empfehlungen.

„Wir Christen haben die Pflicht, unseren Glauben ohne jeden Kompromiss zu proklamieren“, rief Kardinal Tauran die Anwesenden auf. „Wir sind nicht Lehrer, die Lektionen über Gott weitergeben. Wir sind Botschafter der Errettung, die durch den Tod und die Auferstehung Christi, der heute noch lebt, zu uns gekommen ist.“

Geoff Tunicliffe, der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), wies darauf hin, dass in dem vorgelegten Dokument alle vier Hauptanliegen, die die WEA seit ihrer Gründung 1846 vertritt, eine tragende Rolle spielen: 1. Einheit in Christus, 2. Menschenrechte, 3. Evangelisation, 4. Religionsfreiheit. Der Generalsekretär der WEA sprach von einem „kraftvollen Dokument“, nicht zuletzt, weil durch die Vertreter der verschiedenen Organisationen 90 Prozent der Weltchristenheit repräsentiert sei. Mission sei das „Herz des Evangeliums“, ohne Mission sei die Kirche tot. Das christliche Zeugnis solle aber nicht nur durch Worte, sondern ebenso durch Taten geschehen.

Thomas Schirrmacher, Chefunterhändler für die Weltweite Evangelische Allianz, machte deutlich, dass es sich bei dem vorgelegten Dokument keineswegs um ein Kompromisspapier handele. Im Laufe der Jahre habe es aus dem Umfeld verschiedener Seiten immer wieder auch sehr skeptische Stimmen gegeben, die ein inhaltlich substanzielles Dokument zum Thema Religionsfreiheit und Mission nicht für möglich gehalten hätten. Am Ende stünden nun klare Empfehlungen, die einerseits den Auftrag Jesu an seine Kirche deutlich bezeugten, andererseits aber auch die Grenzen einer an der biblischen Botschaft ausgerichteten Mission aufzeigten.

 

[Soweit die kürzere Meldung. Wenn Sie mehr Platz zum Abdruck zur Verfügung haben, verwenden Sie bitte den folgenden Text in Fortsetzung.]

 

So verweise der Text bereits im ersten Punkt der Grundlagen darauf, dass es nicht nur eine Freude sei, über die eigene Hoffnung anderen gegenüber Rechenschaft abzulegen, sondern dass dies mit „Sanftmut und Respekt“ zu geschehen habe (mit Verweis auf 1. Petrus 3,15). Im letzten Punkt der Grundlagen werde bekräftigt, dass es die Verantwortung der Christen sei, von Jesus Zeugnis abzulegen, „dass die Bekehrung dabei jedoch letztendlich das Werk des Heiligen Geistes ist“. Dies schließe, so Schirrmacher, auch theologisch jeden Gedanken an die Möglichkeit einer Zwangsbekehrung aus. Damit begrenze sich die christliche Mission selbst, dies aber nicht z. B. aus politischen Gründen, sondern weil es biblisch geboten sei.

Erzbischof Pier Luigi Celata sagte in der anschließenden Pressekonferenz, dass das Dokument auf zwei Säulen aufgebaut sei: erstens der Auftrag Jesu, das Evangelium bekannt zu machen, und zweitens die Würde, die jeder Mensch von der Schöpfung her habe.

Verschiedene Vertreter der WEA äußerten sich in Genf hocherfreut über den Inhalt und überhaupt über das Zustandekommen dieser Empfehlungen. „Die vorliegenden Empfehlungen für einen Verhaltenskodex enthalten die Hauptthemen, die zum Beispiel im International Journal of Religious Freedom diskutiert und empfohlen wurden“, so Prof. Thomas K. Johnson vom Internationalen Institut für Religionsfreiheit der WEA gegenüber BQ.


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