Bonner Querschnitte 23/2021 Ausgabe 694
Zurückâ??Man muss den Staat daran erinnern, dass die Religionsfreiheit ein Menschenrecht istâ??
Schirrmacher in der Liobakirche in Tauberbischofsheim
(Bonn, 29.09.2021) Auf Einladung von Nina Warken, MdB, und der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden von Tauberbischofsheim hielt der deutsche Religionssoziologe und Ethiker Thomas Schirrmacher einen vielbeachteten Vortrag zum Thema âChristenverfolgung geht uns alle anâ. In den Fränkischen Nachrichten schrieb Elisabeth Englert: âMdB Nina Warken als Initiatorin freute sich, mit Professor Dr. Dr. Schirrmacher einen der führenden Menschen-rechtsexperten weltweit gewonnen zu haben, der regelmäÃig vor nationalen Parlamenten und UN-Gremien aussage.â
Schirrmacher begann mit dem Hinweis auf die heilige Lioba von Tauber-bischofsheim (700â782 n. Chr.), der Namenspatronin des Veranstaltungsortes, der St.-Lioba-Kirche. Wie Bonifatius habe sie geholfen, ein politisch und militärisch ausgerichtetes Verständnis von Jesus und seinen Aposteln und des Christentums durch einen Glauben zu ersetzen, der darauf aufbaut, dass die Gläubigen verstehen, was sie glauben. Während Karl der GroÃe mit groÃer Selbstverständlichkeit die Besiegten zwang, den christlichen Glauben anzunehmen oder getötet zu werden, trat schon sein âKulturministerâ Einhard ebenso wie Lioba, die mit Karls Ehefrau Hildegard befreundet war, dafür ein, dass der Glaube nicht durch Zwang, sondern durch Bildung verbreitet werden müsse. Auch wenn es noch lange dauern sollte, bis diese Sicht im Christentum die Oberhand gewann, gehöre Lioba in die Ehrengarde der Religionsfreiheit.
Während Anfang des 20. Jahrhunderts nurmehr eine Minderheit der Christen Gewalt zur Religionsverbreitung abgelehnt habe â durch den Kolonialismus wollte man die eroberten Völker zu ihrem Glück zwingen, und noch im Ersten Weltkrieg beriefen sich mehrere Völker auf Gottes Unterstützung gegen die anderen christlichen Länder â, habe sich dies im Laufe der letzten hundert Jahre völlig geändert. Die groÃe Mehrheit der Christen stehe dazu, keinen Menschen auf Grund seines Glaubens oder anderer Ãberzeugungen zu bestra-fen. Doch hätten andere Weltreligionen in dieser Zeitspanne genau die gegenteilige Entwicklung genommen, der extre-mistische Flügel sei stark gewachsen. Als Beispiel nannte er den Hinduismus sowie den Islam.
Gerade in Indien habe sich die Lage unter Regie-rungschef Narendra Modi sehr verschlechtert. Muslime und Christen sollten seiner Ansicht nach gar nicht mehr im Land existieren. Die Diskriminierung reiche vor allem in den Dörfern auf dem Lande vom Zwang, dem Glauben abzuschwören, bis hin zur Bestrafung mit dem Tode. Zwar denke die breite Masse der Bevölkerung nicht so, doch lasse sie sich bei Wahlen instrumentalisieren.
Es sei falsch zu denken, man solle die Religionsfreiheit der Kirche überlassen. âNein, sie ist ein Menschenrecht und ureigenste Aufgabe des Staatsâ, betonte Schirrmacher. Nur dieser, weder Kirche noch Moschee oder Tempel, könnten sich mit legitimer Autorität für Religionsfreiheit stark machen und deren Gegner beschränken. Da die Religionsfreiheit untrennbar mit der Demokratie verbunden sei, müsse sich der Staat weltweit für diese einsetzen. âMan muss den Staat daran erinnern, dass die Religionsfreiheit ein Menschenrecht istâ, appellierte Schirrmacher.
Dies griff MdB Warken auf und versprach, die Religionsfreiheit sowie die Ursachen der Verfolgung stets auf der Tagesordnung zu halten. âEs ist es wert, dass man sich dafür einsetzt.â
Downloads und Links:
- Foto 1, Foto 2, Foto 3 und Foto 4: Thomas Schirrmacher während seines Vortrags © BQ/Martin Warnecke
- Foto 5 und Foto 6: Thomas Schirrmacher mit Nina Warken, MdB © BQ/Martin Warnecke
- Internetauftritt von Nina Warken: http://nina-warken.de
- Pressemeldung der fränkischen Nachrichten: https://www.fnweb.de/orte/tauberbischofsheim_artikel,-tauberbischofsheim-thomas-schirrmacher-religionsfreiheit-ist-untrennbar-mit-demokratie-verbunden-_arid,1850443.html