Sechstes Reformiertes Forum 2004
Zuerst bibeltreu, dann reformiert. Reformatoren gingen immer wieder auf Andersdenkende zu ...
Zuerst bibeltreu, dann reformiert
Schirrmacher: Reformatoren gingen immer wieder auf Andersdenkende zu
Der in Bonn wohnende Theologieprofessor Thomas Schirrmacher ruft die reformierte Bewegung dazu auf, wieder neu in einem guten Sinn Bibelbewegung zu werden, die sich nicht nur im akademischen Streit bewegt, sondern die breite Masse der Christen zum Bibelstudium anregt. Dadurch könne die momentane schlechte Zusammenarbeit unter bibeltreuen reformierten Christen überwunden werden. Derzeit sehe jeder nur seine eigenen Schwerpunkte, die so wichtig gehalten würden, daß andere immer ausgeschlossen seien. „Es gibt viel Mißtrauen untereinander, daß der andere eventuell nicht richtig lehren würde“, so der Theologe auf dem sechsten Reformierten Forum, das am 30. Oktober in den Räumen der Freien Theologischen Akademie Gießen stattfand. Häufig gebe es eben kein gemeinsames Ringen um die Wahrheit mit der Bibel in der Hand, sondern andere Instrumente wie z.B. die Presse würden gebraucht, um den anderen teilweise sogar zu diffamieren. Doch eine solche Vorgehensweise räche sich früher oder später immer. Eine besonders traurige Auswirkung sei, daß bis heute fast alle Gemeindegründungsprojekte von Reformierten gescheitert seien, weil sich die Gemeindemitglieder nicht haben einigen können. „Es ist eben einfacher, auf Willow-Creek zu schimpfen als eine eigene Gemeinde praktisch zu bauen.“ Für solche falschen Abgrenzungen könnten sich die Reformierten jedoch nicht auf ihre Väter wie Bullinger, Calvin oder Bucer berufen. Diese seien immer wieder auf andersdenkende Christen zugegangen.
Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts seien bereit gewesen, für ihre Überzeugungen zu sterben. Doch sie haben sich auch mit allen auseinandersetzen wollen, die biblisch sein wollten. Schirrmacher: „Wir müssen neu lernen, die Wahrheit in Liebe zu sagen. Die Bibel selbst fordert uns dazu auf, andere mit der Bibel in der Hand zurückzugewinnen und nicht auf sie einzuschlagen. Wenn ich die Wahl habe, dann bin ich zuerst bibeltreu und dann erst reformiert.“ Darum müsse immer wieder die Zusammenarbeit mit allen bibeltreuen Christen gesucht werden.
Neben Schirrmacher sprach Drs. Walter Hilbrands, Alttestamentler in der FTA, über die Frage: „Haben wir es im Alten Testament mit Werkgerechtigkeit zu tun?“. Die Antwort viel negativ aus. Das alttestamentliche Gottesvolk wurde bereits in einen Bund hineingeboren, stand also gar nicht vor der Frage, ob es durch Werke in diesen Bund hineinkommen könne.
Da der Hauptreferent Dr. Georg Ella schwer erkrankt ist, konnte er selbst nicht am Forum teilnehmen. Seine Vorträge über „Bullinger“ sowie „Bullinger und Calvin – ein Vergleich“ wurden verlesen. Die Vorträge von Ella werden als MBS Texte zur Verfügung gestellt, sämtliche Vorträge können außerdem im mp3-Format heruntergeladen werden.
Weitere Informationen und Audiodateien mit den Vorträgen finden Sie hier.